In den letzten Jahren ist es immens wichtig geworden, was man isst.
Manche verzichten auf Fleisch und auf Fisch, andere auf Zucker oder
weiße Auszugsmehle, andere konsumieren nur ökologisch, fair und
regional, wieder andere sind überzeugte Veganer oder passionierte
MacDonalds-Gänger. Auf Tagungen fällt mir immer wieder auf, wie viele
mittlerweile ganz konkrete Speisewünsche angeben ("ohne Laktose,
Knoblauch und Weizen, bitte") und wie viele Extrawürstchen gebraten
werden. Ich nehme mich da nicht aus, seit über 10 Jahren verzichte ich
auf Fleisch, im Sommer auf Milchprodukte, aufgrund mehrerer
Unverträglichkeiten in unserer kleinen Familie koche ich ohne dieses und
jenes usw. usw. Kurzum: Ich mache mir doch echt ganz schön viele
Gedanken darüber, was ich so esse.
Und ich glaube nicht, dass
das schlecht ist. Wer viel Auswahl hat, und das haben wir in einem
Industrieland im 21. Jahrhundert, hat eben auch die Möglichkeit
auszuwählen, wegzulassen und zu verstärken. Uns ist es aber irgendwie
wahnsinnig wichtig geworden, zu wissen, was wir in uns reintun. Zu
wissen, woher es kommt. Zu wissen, wie es zusammengesetzt ist. Zu
wissen, was es in mir macht. Zu wissen, wie es mir schaden könnte. Zu
wissen, nicht nur, wie viele Kalorien es hat, sondern wie viel
ungesättigte Fettsäuren und Proteine und Kalium. Wir analysieren unsere
Lebensmittel mit einer erstaunlichen Präzision, die mich an meine Zeit
im biochemischen Labor erinnert - nur, dass dort weniger
leidenschaftlich diskutiert und geforscht wurde!
Und da fange ich an, mich über etwas sehr Sonderbares zu wundern.